Der Rassismus, der keiner ist

Wer Erdogan beleidigt, beleidigt alle Türken

Hakan Tanriverdi hat auf jetzt.de einen Artikel über das Erdogan-Gedicht von Jan Böhmermann verfasst. Schon im Titel wird klar: Hier wird die Rhetorik von Erdogan der türkischen Regierung übernommen. Das Gedicht richtet sich nicht gegen ihn, sondern gegen alle Türken. Ich werde hier kurz einige Zitate anbringen und diese dann kommentieren.

 

 

Ich habe das Video gesehen, nicht aber die gesamte Sendung.

Eine sehr gute Grundlage, um sich über das Gedicht zu unterhalten.

Und, seien wir ehrlich, „Türke“ ist ein Codewort für Muslime und ja, wenn ihr mir nicht glaubt, dann lest einfach mal nach, mit welchen Argumenten über den EU-Beitritt der Türkei diskutiert wird.

Das ist eine unhaltbare Behauptung, die Herr Tanriverdi hier aufstellt. Bei der Diskussion um den EU Beitritt mag es ja sein, dass in dieser konkreten Situation die Mehrheitsreligion in der Türkei eine Rolle spielt, deshalb ist aber „Türke“ kein Codewort für einen Muslimen. Seit wann braucht man überhaupt ein Codewort, wenn man Muslim sagen will?

Der türkische Mann riecht nach Döner.

Genau hier schwenkt der Autor auf die Argumentation von Erdogan ein. Aus „Erdogan“ wird „der türkische Mann“.

Ein Schweinefurz riecht schöner. Warum ein Schweinefurz? Weil das Tier im Islam als unrein gilt. Es ist also die Beleidigung des Mannes über dessen Religion. Sogar das Tier, das er zu Hassen verdammt ist, riecht in dem Augenblick noch besser, wenn es bestialisch stinkt.

Erdogan ist mitnichten verdammt ein Tier zu hassen. Ich traue Erdogan zu, dass er im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte selbst entscheiden kann, ob er ein Tier hasst oder nicht. Wie kommt der Autor auf die abstruse Idee, dass man das Tier hassen muss? Eine kurze Recherche hat nur ergeben, dass der Koran verbietet Schweinefleisch zu essen. Man möge mich korrigieren, sollte ich falsch liegen. Vegetarier hassen übrigens auch keine Tiere nur weil sie sie nicht essen.

Ansonsten schlägt der türkische Mann Frauen, fickt Ziegen, und hat „Fellatio mit Schafen“. Auf der langen Liste der Türken-Beleidigungen sind das alles Begriffe, die ich bei einer Runde Bingo „So sprechen Deutsche über Kanaken“ auf mein Zettelchen schreiben würde.

Herr Tanriverdi muss schlechte Erfahrungen gemacht haben, wer redet denn so schlecht über Türken? Es ist übrigens immer noch Erdogan und nicht „der türkische Mann“. Darüber hinaus hat doch auch Deutschland ein Gewaltproblem.

Oder, wie es Merve Gül auf Facebook schreibt: „Irgendwie schon krass, was passiert, wenn man das Wort „Erdoğan“ durch „Migrant“ oder „Muslim“ in Jan Böhmermanns aktuellem Gedicht ersetzt. Dann hört sich das Ganze wie ein braunes Gedicht vom AfD- und Pegida-Clan an.“

Nähe zu AfD bei Böhmermann? Ok, da hat jemand wohl die anderen Böhmermann Sendungen auch nicht gesehen. Und ja natürlich, wenn man im Gedicht Wörter ersetzt, dann ändert sich der Sinn. Nur hat Böhmermann Erdogan gesagt und nichts anderes.

Wenn dich ein Türke „Kartoffel“ nennt, passiert das in einem Umfeld, in dem der Typ strukturell dennoch in aller Regel beschissener dasteht.

Achsoooo. Wenn es einem also (strukturell) beschissen geht, darf man andere beleidigen. Da fällt mir jetzt kein Kommentar zu ein.

P.S.: Mir ist klar, dass Böhmermann Erdoğan auch „schwul“ nennt und spätestens das der Punkt ist, an dem er für alle klar macht, das der konkrete Inhalt zweitrangig ist und es ihm nur um die Form geht.

Ja richtig. Hätten wir uns den Artikel also auch sparen können. Wie der Autor am Ende richtig bemerkt, sind die Beleidigungen nicht wirklich ernst zu nehmen. Übrigens erwähnt Böhmermann „alle Türken“ in dem Gedicht, aber die flöten nur. Ist das auch rassistisch? Oder meint er mit „alle Türken“ etwa Erdogan? Oder ist „alle Türken“ ein Codewort für „alle Muslime“? Und was bedeutet flöten? Hier könnte bestimmt Florentin Ulfkotte weiterhelfen.

Bildquelle: Ben Knabe | ZDF

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